Heute möchte ich über etwas schreiben, über das ich nicht so gerne spreche. Wenn ich mit anderen Menschen in Kontakt komme, spiele ich Theater. Kennt ihr diese Sendung, aus dem Fernsehen, wo der Moderator den Schauspielern sagt, was sie spielen sollen ? Improvisations Comedy .
Alle Menschen bekommen vom Leben etwas vorgegeben, auf das sie dann reagieren müssen. Das machen auch alle mehr oder wenig gut. Nur meine Hinweise kommen in einer Sprache, die ich nicht kenne. Wenn ich also mit anderen Menschen in Interaktion trete, ist das für die Menschen um mich herum völlig normal. Für mich ist es ein Spießrutenlauf. Beim Arzt, beim einkaufen, Kindergarten, Schule... selbst bei Familie und Freunden ist es nur leicht abgeschwächt. Nur in der engsten Familie, also Axel, die Jungs und ich, ist es nicht so. Und bei Ihr, die ich nach so langer Zeit wieder gefunden habe, die so kämpft wie ich-mit Dir ist es so leicht!
Ich bin gestresst und ängstlich, bis hin zu panisch. Ich weiß nicht was von mir erwartet wird, und wenn nichts erwartet wird ist es noch schlimmer. Ich muss absolut exakte Vorgaben haben, damit ich einigermaßen funktioniere. Ich fühle mich nicht dazu gehörig, und lebe in ständiger Angst aufzufliegen, und verjagt zu werden.
Ich bin hochsensibel, introvertiert und habe eine Sozialphobie. Für mich ist nichts normal, nichts einfach. Partys sind der reine Horror.
Ich nehme Dinge wahr , die vielen verborgen bleiben. Durch HSP verspüre ich Schwingungen und Spannungen, und ich nehme Emotionen anderer auf, und kann sie oft nicht von meinen unterscheiden. Die Welt ist mir zu voll, zu schnell, zu laut. Durch die Sozialphobie habe ich permanent das Gefühl unter Beobachtung zu stehen. Als wenn alle Menschen überall mit einem Blick erkennen, das ich nicht dazu gehöre. Ich zweifle mich, meine Meinung, meine Gefühle immer an. Denn sie sind anders, und damit falsch, sagt mein Gefühl-das mich so oft trügt und in die Irre führt!
Ihr merkt vielleicht das ich schüchtern bin, unsicher. Vielleicht merkt ihr auch gar nichts. Jeder Kontakt nach außen, verlangt mir alles ab. Jedes Gefühl überrollt, und erstickt mich wie eine Lawine. Stress, Kummer, Angst empfinde ich wie körperlichen Schmerz. Kälte, Wärme, Wind, Regen und Berührungen empfinde ich, als hätte ich keine schützende Haut. Dunkelheit beschert mir panische Angst, gleichzeitig sorgt Nachts das kleinste Lämpchen für Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Viele akustische Eindrücke stressen mich, wie Psychischer Terror. Wenn es leise ist, dreht sich mein Gedankenkarussell so rasant, das mir der Kopf zerspringt.
Meine Empathie sorgt dafür, das jegliche Gewalt und Ungerechtigkeit an Mensch und Tier, mich verzweifeln lässt, als wäre ich der Empfänger. Streit oder Meinungsverschiedenheiten quälen mich mitunter Wochenlang, lassen mich nicht schlafen, immer und immer wieder wird jedes Wort, jeder Ton jede Mimik hin und her gewälzt.
Mein Leben ist gespickt mit Herausvorderrungen die für andere normal sind. Und für mich bedeutet ein volles Wartezimmer, der Kampf gegen meinen ständigen Fluchtinstinkt. Wenn ich mein Zuhause verlasse, ist mein Körper in ständiger Alarmbereitschaft. Das ist wahnsinnig ermüdend, es stresst und tut weh. Und immer zu verschleiern wie es mir geht, macht es nicht leichter. Ich möchte ungern darüber reden. Möchte nicht wissen, was andere über mich denken, wie sie mich be- und verurteilen. Mich nicht verstehen. Aber ich möchte mich auch nicht immer verleugnen. Ich weiß mittlerweile das es andere gibt wie mich. Gebt nicht auf! Redet euch nicht ein, ihr seid sonderbar oder ungenügend. Wir sind so viel mehr, soviel stärker. Und an euch alle anderen, für die Partys spaßig sind, und ein Besuch im Restaurant einfach nur nett essen gehen, genießt es. Neben euch könnte jemand sitzen für den es Überlebenstraining ist.
Ich weiß nicht wer diesen Text liest, was er darüber denkt. Für mich bedeutet es einmal zu mir zu stehen, genau so wie ich bin. Nicht eine Rolle die ich spiele, um unentdeckt zu bleiben. Zum ersten mal in über 40 Jahren ! Ich bin soviel mehr als ihr seht. Ich würde mich so gern öffnen. Einige von euch sind so toll. Was würde ich darum geben, einfach mal zu fragen, hast Du Lust auf einen Kaffee, ein nettes Gespräch ? Aber ich frage nicht, und das hat nichts mit Dir zu tun, sondern mit meiner Angst, die mich fesselt und knebelt.
An meine ehemalige Hebamme, du hast eine so einehmende Persönlichkeit. Wie gern hätte ich dich in meinem Leben gehalten. An eine Mutti aus dem Kindergarten, Du hast wunderschöne Haare, ein so liebes Wesen, wie gern würde ich dich kennenlernen. An so viele Menschen, denen ich nicht zeigen kann das sie toll sind.
Sagt euch doch öfters etwas nettes. Es bedeutet für euch so wenig, für andere so viel.
Ich versuche öfters über meinen Schatten zu springen, kommt und springt mit. Ihr schafft das, ich auch - immer öfter !
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